Kapitel 11
Judikative Verfassung der Islamischen Republik Iran

(In Klammern gesetzte Teile sind Erläuterungen von eslam.de)

Artikel 156

Die Judikative ist jene unabhängige Gewalt, welche das Individual- und das Gemeinschaftsrecht schützt und verantwortlich für die Verwirklichung der Gerechtigkeit ist. Folgende Aufgaben obliegen ihr:

  1. Überprüfung und Urteilsfindung, soweit es sich um Beschwerden, um Gewaltanwendung und um Klagen handelt; ferner die Schlichtung aller Streitigkeiten, die Beseitigung von Feindseligkeiten und die Anordnung notwendiger Maßnahmen in den vom Gesetz bestimmten Fällen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung;
  2. Herstellung der Rechte der Allgemeinheit, die Durchsetzung von Gerechtigkeit und der rechtmäßigen Freiheiten;
  3. Kontrolle bei der korrekten Durchführung der Gesetze;
  4. Aufdeckung der Straftaten sowie die Verfolgung, Bestrafung und Erziehung der Straftäter entsprechend der islamischen Strafgesetzgebung und
  5. Ergreifung geeigneter Maßnahmen um dem Auftreten von Kriminalität vorzubeugen und Kriminelle  zur Besserung zu verhelfen.

Artikel 157

Das Islamische Oberhaupt ernennt einen integeren, mit administrativen und konfliktlösenden Fähigkeiten ausgestatteten und in juristischen Dingen versierten Rechtsgelehrten zum Oberhaupt der Justiz für einen Zeitraum von fünf Jahren ernennen, um die judikativen, administrativen und exekutiven Pflichten der Judikative auszuführen. Er hat das höchste Amt der Judikative.

Artikel 158

Das Oberhaupt der Justiz ist verantwortlich für:

  1. Errichtung der erforderlichen Organisationen der Gerichtsbarkeit entsprechend den Aufgaben des Artikels 156;
  2. Vorbereitung der Gesetzesvorlagen für eine Gerichtsbarkeit nach den Prinzipien der Islamischen Republik;
  3. die gesetzlich vorgeschriebene Anstellung gerechter und fähiger Richter; ihre Einsetzung und Absetzung und Versetzung an einen anderen Ort, die Bestimmung ihrer Funktionen, ihre Beförderung sowie ähnliche Verwaltungsangelegenheiten.

Artikel 159

Die ordentliche Gerichtsbarkeit ist zuständig für alle Klagen und Beschwerden. Die Gründung von Gerichten und die Bestimmung ihrer Zuständigkeit erfolgt nach Vorschrift der Gesetze.

Artikel 160

(1) Der Justizminister ist für alle Fragen der Judikative, die mit der Exekutive und der Legislative im Zusammenhang stehen, verantwortlich. Er wird unter den vom Oberhaupt der Justiz gegenüber dem Präsidenten vorgeschlagenen Personen gewählt.

(2) Das Oberhaupt der Justiz kann die Autorität in finanziellen und administrativen Bereichen und die Anstellung von Personal, mit Ausnahme von Richtern; an den Justizminister delegieren. In diesem Fall hat der Justizminister die gleiche Autorität und Verantwortlichkeit, wie sie das Gesetz für die anderen Minister in ihrer Funktion als höchste Beamte der Exekutive vorsieht.

Artikel 161

Der Oberste Gerichtshof des Landes wird für die Überwachung der richtigen Durchführung der Gesetze bei den Gerichten, die Wahrung der einheitlichen Rechtsprechung und die Übernahme aller ihm vom Gesetz übertragenen Aufgaben entsprechend den vom Oberhaupt der Justiz bestimmten Richtlinien gebildet.

Artikel 162

Der Vorsitzende des Obersten Gerichtshofes des Landes und der Generalstaatsanwalt müssen Gelehrte des islamischen Rechts sein, die gerecht und sachkundig in Angelegenheiten der Justiz sind. Sie werden vom Oberhaupt der Justiz nach Beratung mit den Richtern des Obersten Gerichtshofes des Landes für die Dauer von 5 Jahren ernannt.

Artikel 163

Die Eigenschaften und Voraussetzungen der Richter werden entsprechend dem islamischen Recht durch das Gesetz bestimmt.

Artikel 164

Ein Richter kann nicht ohne Gerichtsverfahren und den Nachweis einer Straftat oder einer Übertretung vorübergehend oder für immer seines Amtes enthoben werden. Auch seine Versetzung oder eine Änderung seiner Tätigkeit sind ohne seine Zustimmung nicht möglich, es sei denn, dass das Wohl der Allgemeinheit nach Beschluss des Oberhauptes der Justiz nach Beratung mit dem Vorsitzenden des Obersten Gerichtshofes und dem Generalstaatsanwalt dies erfordert. Die mit der Amtsperiode verbundene Versetzung erfolgt nach allgemeinen, durch das Gesetz bestimmten Richtlinien.

Artikel 165

Alle Gerichtsverhandlungen sind öffentlich. Jedermann kann den Verhandlungen beiwohnen, es sei denn, die Öffentlichkeit der Verhandlung widerspricht der allgemeinen Sittlichkeit und Ordnung oder die streitenden Parteien beantragen die Nicht-Öffentlichkeit der Verhandlung.

Artikel 166

Die Urteile der Gerichte müssen anhand der Paragraphen der Gesetze und anhand der Rechtsgrundsätze, die zum Urteilsspruch führten, begründet und bewiesen sein.

Artikel 167

Der Richter ist verpflichtet, sich bei jedem Rechtsstreit um eine Urteilsfindung auf der Grundlage des geltenden Gesetzes zu bemühen. Sind solche Gesetze nicht vorhanden, so muss er seinen Urteilsspruch auf der Grundlage der authentischen islamischen Quellen oder der gültigen religiösen Rechtsurteilen fällen. Er ist nicht befugt, die Eröffnung des Verfahrens oder den Urteilsspruch unter dem Vorwand fehlender, unzureichender, zu allgemein formulierter oder sich widersprechender gesetzlicher Regelungen zu verweigern.

Artikel 168

Die Untersuchung politischer Straftaten und Pressevergehen ist öffentlich und wird in Anwesenheit von Geschworenen vor dem ordentlichen Gericht geführt. Der Wahlmodus, die Voraussetzungen und Befugnisse der Geschworenen sowie die Definition der politischen Straftat erfolgt durch das Gesetz auf der Grundlage der Prinzipien des Islam.

Artikel 169

Keine Tat und keine Unterlassung einer Tat wird aufgrund eines später erlassenen Gesetzes (rückwirkend) als Straftat bezeichnet.

Artikel 170

Die Richter sind verpflichtet, keine Erlasse und Verordnungen der Regierung durchzuführen, die im Widerspruch zu islamischen Gesetzen und Bestimmungen stehen oder die Zuständigkeit der Exekutive zu überschreiten. Jedermann kann die Aufhebung dieser Bestimmungen beim Gericht für Verwaltungsgerechtigkeit beantragen.

Artikel 171

Wenn jemand durch die Schuld oder durch den Fehler des Richters in einem Sachverhalt oder in einem Urteil oder bei der Anwendung der Gesetze auf einen besonderen Fall einen Schaden materieller oder immaterieller Art erleidet, ist der Verantwortliche im Falle der nachgewiesenen Schuld nach den Prinzipien des Islam dafür haftbar. Ansonsten wird der Schaden durch die Regierung ersetzt. In diesem Fall wird der Beschuldigte rehabilitiert.

Artikel 172

Für die Untersuchung von Straftaten der Mitglieder der Armee, der Gendarmerie, der Polizei und des Korps der Islamischen Revolutionswächter, die militärische und polizeiliche Aufgaben betreffend, werden gemäß Gesetz Militärgerichte gebildet. Für ihre allgemeinen Straftaten oder solche, die sie als Hüter des Rechtes begehen, sind die ordentlichen Gerichte zuständig. Die Staatsanwaltschaft und die Militärgerichte sind ein Teil der Judikative und folgen ihren Grundsätzen.

Artikel 173

Für die Untersuchung der von den Staatsbürgern vorgebrachten Klagen, Beschwerden und Eingaben gegen Beamte oder Behörden oder gegen staatliche Verordnungen sowie zur Durchsetzung ihrer Rechte wird ein Gericht für Verwaltungsgerechtigkeit unter der Kontrolle des Oberhauptes der Justiz gebildet. Die Befugnisse und die Verfahrensordnung des Gerichtes für Verwaltungsgerechtigkeit bestimmt das Gesetz.

Artikel 174

Zur Gewährleistung der Aufsichtsbefugnisse der Judikative über den einwandfreien Ablauf aller Angelegenheiten und die ordnungsgemäße Anwendung der Gesetze bei allen Verwaltungsstellen wird eine Behörde mit der Bezeichnung "Landesgeneralinspektion" unter der Aufsicht des Oberhauptes der Justiz gebildet. Die Befugnisse und Pflichten dieses Amtes bestimmt das Gesetz.

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