(In Klammern gesetzte Teile sind
Erläuterungen von eslam.de)
Artikel 156
Die Judikative ist jene unabhängige Gewalt, welche das
Individual- und das Gemeinschaftsrecht schützt und verantwortlich für die
Verwirklichung der Gerechtigkeit ist. Folgende Aufgaben obliegen ihr:
- Überprüfung und Urteilsfindung, soweit es sich um
Beschwerden, um Gewaltanwendung und um Klagen handelt; ferner die
Schlichtung aller Streitigkeiten, die Beseitigung von Feindseligkeiten und die
Anordnung notwendiger Maßnahmen in den vom Gesetz bestimmten
Fällen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung;
- Herstellung der Rechte der Allgemeinheit, die
Durchsetzung von Gerechtigkeit und der rechtmäßigen Freiheiten;
- Kontrolle bei der korrekten Durchführung der Gesetze;
- Aufdeckung der Straftaten sowie die Verfolgung,
Bestrafung und Erziehung der Straftäter entsprechend der
islamischen Strafgesetzgebung und
- Ergreifung geeigneter Maßnahmen um dem Auftreten von
Kriminalität vorzubeugen und Kriminelle zur Besserung
zu verhelfen.
Artikel 157
Das Islamische Oberhaupt ernennt einen integeren, mit
administrativen und konfliktlösenden Fähigkeiten
ausgestatteten und in juristischen Dingen
versierten
Rechtsgelehrten zum Oberhaupt der Justiz für einen Zeitraum von fünf
Jahren
ernennen, um die judikativen, administrativen und exekutiven Pflichten der
Judikative auszuführen. Er hat das höchste Amt der Judikative.
Artikel 158
Das Oberhaupt der Justiz ist verantwortlich für:
- Errichtung der erforderlichen Organisationen der
Gerichtsbarkeit entsprechend den Aufgaben des
Artikels 156;
- Vorbereitung der Gesetzesvorlagen für eine
Gerichtsbarkeit nach den Prinzipien der Islamischen Republik;
- die gesetzlich vorgeschriebene Anstellung gerechter und
fähiger Richter; ihre Einsetzung und Absetzung und Versetzung an einen
anderen Ort, die Bestimmung ihrer Funktionen, ihre Beförderung
sowie ähnliche Verwaltungsangelegenheiten.
Artikel 159
Die ordentliche Gerichtsbarkeit ist zuständig für alle
Klagen und Beschwerden. Die Gründung von Gerichten und die Bestimmung ihrer
Zuständigkeit erfolgt nach Vorschrift der Gesetze.
Artikel 160
(1) Der Justizminister ist für alle Fragen der Judikative,
die mit der Exekutive und der Legislative im Zusammenhang
stehen, verantwortlich. Er wird unter den vom Oberhaupt der
Justiz gegenüber dem Präsidenten vorgeschlagenen Personen
gewählt.
(2) Das Oberhaupt der Justiz kann die Autorität in
finanziellen und administrativen Bereichen und die Anstellung
von Personal, mit Ausnahme von Richtern; an den Justizminister
delegieren. In diesem Fall hat der Justizminister die gleiche
Autorität und Verantwortlichkeit, wie sie das Gesetz für die
anderen Minister in ihrer Funktion als höchste Beamte der
Exekutive vorsieht.
Artikel 161
Der Oberste Gerichtshof des Landes wird für die Überwachung
der richtigen Durchführung der Gesetze bei den Gerichten, die Wahrung
der einheitlichen Rechtsprechung und die Übernahme aller ihm vom Gesetz
übertragenen Aufgaben entsprechend den vom Oberhaupt der Justiz
bestimmten Richtlinien gebildet.
Artikel 162
Der Vorsitzende des Obersten Gerichtshofes des Landes und
der Generalstaatsanwalt müssen Gelehrte des islamischen Rechts sein,
die gerecht und sachkundig in Angelegenheiten der Justiz sind. Sie werden
vom Oberhaupt der Justiz nach Beratung mit den Richtern des Obersten
Gerichtshofes des Landes für die Dauer von 5 Jahren ernannt.
Artikel 163
Die Eigenschaften und Voraussetzungen der Richter werden
entsprechend dem islamischen Recht durch das Gesetz bestimmt.
Artikel 164
Ein Richter kann nicht ohne Gerichtsverfahren und den
Nachweis einer Straftat oder einer Übertretung vorübergehend oder für
immer seines Amtes enthoben werden. Auch seine Versetzung oder eine Änderung
seiner Tätigkeit sind ohne seine Zustimmung nicht möglich, es sei denn, dass
das Wohl der Allgemeinheit nach Beschluss des Oberhauptes der Justiz
nach Beratung mit dem Vorsitzenden des Obersten Gerichtshofes und dem
Generalstaatsanwalt dies erfordert. Die mit der Amtsperiode verbundene
Versetzung erfolgt nach allgemeinen, durch das Gesetz bestimmten Richtlinien.
Artikel 165
Alle Gerichtsverhandlungen sind öffentlich. Jedermann kann
den Verhandlungen beiwohnen, es sei denn, die Öffentlichkeit
der Verhandlung widerspricht der allgemeinen Sittlichkeit und Ordnung oder die
streitenden Parteien beantragen die Nicht-Öffentlichkeit der Verhandlung.
Artikel 166
Die Urteile der Gerichte müssen anhand der Paragraphen der
Gesetze und anhand der Rechtsgrundsätze, die zum Urteilsspruch führten,
begründet und bewiesen sein.
Artikel 167
Der Richter ist verpflichtet, sich bei jedem Rechtsstreit
um eine Urteilsfindung auf der Grundlage des geltenden
Gesetzes zu bemühen. Sind solche Gesetze nicht vorhanden, so muss er seinen Urteilsspruch auf
der Grundlage der authentischen islamischen Quellen oder der
gültigen
religiösen Rechtsurteilen fällen. Er ist nicht befugt, die Eröffnung
des Verfahrens oder den Urteilsspruch unter dem Vorwand fehlender, unzureichender, zu
allgemein formulierter oder sich widersprechender gesetzlicher
Regelungen zu verweigern.
Artikel 168
Die Untersuchung politischer Straftaten und Pressevergehen
ist öffentlich und wird in Anwesenheit von Geschworenen vor dem
ordentlichen Gericht geführt. Der Wahlmodus, die Voraussetzungen und
Befugnisse
der Geschworenen sowie die Definition der politischen Straftat erfolgt
durch das Gesetz auf der Grundlage der Prinzipien des Islam.
Artikel 169
Keine Tat und keine Unterlassung einer Tat wird aufgrund
eines später erlassenen Gesetzes (rückwirkend) als Straftat bezeichnet.
Artikel 170
Die Richter sind verpflichtet, keine Erlasse und
Verordnungen der Regierung durchzuführen, die im Widerspruch
zu islamischen Gesetzen und Bestimmungen stehen oder die Zuständigkeit der Exekutive zu
überschreiten. Jedermann kann die Aufhebung dieser
Bestimmungen beim Gericht für Verwaltungsgerechtigkeit beantragen.
Artikel 171
Wenn jemand durch die Schuld oder durch den Fehler des
Richters in einem Sachverhalt oder in einem Urteil oder bei
der Anwendung der Gesetze auf einen besonderen Fall einen Schaden materieller oder
immaterieller Art erleidet, ist der Verantwortliche im Falle der nachgewiesenen
Schuld nach den Prinzipien des Islam dafür haftbar. Ansonsten
wird der Schaden durch die Regierung ersetzt. In diesem Fall wird der Beschuldigte
rehabilitiert.
Artikel 172
Für die Untersuchung von Straftaten der Mitglieder der
Armee, der Gendarmerie, der Polizei und des Korps der
Islamischen Revolutionswächter, die militärische und polizeiliche
Aufgaben betreffend, werden gemäß
Gesetz Militärgerichte gebildet. Für ihre allgemeinen Straftaten oder
solche, die sie als Hüter des Rechtes begehen, sind die
ordentlichen Gerichte zuständig. Die Staatsanwaltschaft und die Militärgerichte sind ein Teil der
Judikative und folgen ihren Grundsätzen.
Artikel 173
Für die Untersuchung der von den Staatsbürgern
vorgebrachten Klagen, Beschwerden und Eingaben gegen Beamte oder Behörden oder
gegen staatliche Verordnungen sowie zur Durchsetzung ihrer Rechte wird ein
Gericht für Verwaltungsgerechtigkeit unter der Kontrolle des
Oberhauptes der Justiz gebildet. Die Befugnisse und die Verfahrensordnung des
Gerichtes für Verwaltungsgerechtigkeit bestimmt das Gesetz.
Artikel 174
Zur Gewährleistung der Aufsichtsbefugnisse der Judikative
über den einwandfreien Ablauf aller Angelegenheiten und die
ordnungsgemäße Anwendung der Gesetze bei allen Verwaltungsstellen wird eine
Behörde mit der Bezeichnung "Landesgeneralinspektion" unter der Aufsicht des
Oberhauptes der Justiz gebildet. Die Befugnisse und Pflichten dieses Amtes
bestimmt das Gesetz.