Gedichte im Islam
Der doppelsichtige Knecht

von Dschalaleddin Rumi, aus dem Mesnewi übersetzt von Georg Rosen

Als aus dem Haus die Flasche ihm zu holen
Dem doppelsicht’gen Knecht sein Herr befohlen,
Fragte der Knecht: „Sag’, welche von den beiden
Begehrst du? Wolle mich genau bescheiden!“
Der Herr sprach: „Eine Flasche ist’s, nicht zwei;
Drum sieh nicht doppelt, bring’ sie mir herbei.“
Der Knecht sprach: „Herr, du schmähst mich ohne Recht!“
Der Herr sprach: „So zerbrich die eine, Knecht!“
Und er zerschlug sie, und es schwanden beide –
Trüb wird des Menschen Aug’ im Hass und Neide.
Eine nur war es, die als zwei er sah,
Und als sie brach, war keine zweite da.

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