Gedichte im Islam
Ali's Zweikampf

von
Friedrich Rückert

In dem Kriege des Grabens
Um die heilige Stadt,
den durch der Feinde Zwiespalt
Gott beendiget hat;
Trat aus dem feindlichen Heere
Amru hervor ohne Scheu,
Und aus der Stadt ihm entgegen
Schritt Ali, der Gottesleu.
Da rief Amru: Mein Vetter!
Nicht töten will ich dich.
Doch Ali rief: Feind Gottes!
Ja, dich töten will ich.
Das regte den Zorn des Amru,
vom Rosse sprang er ab,
Selbst seinem treuen Tiere
Den Todesstreich er gab.
„Hier sollst du liegen als Zeichen,
Dass ich aus diesem Streit
Nicht lebend will entweichen,
Wenn Gott mir nicht Sieg verleiht.“
Nun trafen mit Waffenschalle
Zusammen Held und Held;
Die Gläubigen schauen vom Walle,
Und die Feinde vom Feld.
Sie machten hin und wieder
So gewaltig den Sang,
Dass empor vom Boden
Gewirbelt der Staub sie verschlang.
Nichts war von ihnen zu sehen,
Und zu hören war bloß
Aus der Mitte des Staubes
Der Waffen dumpfer Stoß.
Auf einmal hell aus dem Dampfe
Scholl der Ruf: Gott ist groß!

Und die Gläubigen wussten,
Wem gefallen das Los.
Ein Wind von oben teilte
Den Staub, da sehen sie knien
Auf der Brust seines Gegners
Ali und würgen ihn.

von Friedrich Rückert aus
Sieben Bücher morgenländischer Sagen und Geschichten", Stuttgart 1837

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