Mohammed
Mohammed - Roman eines Propheten (Klabund)

Aussprache:
arabisch:
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1917 n.Chr.

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Es wird ausdrücklich darauf verwiesen, dass der Autor Historisches mit Märchen vermischt hat, so dass der Inhalt nicht authentisch ist. Er hilft aber das Verständnis der Zeit über Islam nachzuvollziehen.

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Amme

Aminah aber war zart, und Mohammed ergriff sie mit den Pranken eines jungen Tigers. Da sprach Abd Almuttalib zu ihr:

»Ich werde gehen und eine Amme suchen. Denn das Kind ist stark, wie ich noch keines sah; es könnte dich töten... Auch mangelt es an genügender Nahrung für dich. Wir haben Dürre und Hungersnot. Ich werde gehen zu den Frauen vom Stamme der Benu Saad, deren Beruf und Verdienst es ist, zu säugen.«

Abd Almuttalib ging auf den Markt, wo die Frauen vom Stamme der Benu Saad sich als Ammen anbieten, und rief: »Eine Amme für Mohammed, den Sohn der Aminah!«

Das Gemurmel der Frauen, das wie Plätschern eines tiefen Brunnens klang, riß mitten hindurch wie ein Leinentuch. Sie spitzten ihre Ohren wie Häsinnen.

Als sie aber hörten, daß der Name eines Vaters nicht ausgerufen wurde, überstürzten sich ihre Stimmen wie Kaskaden, um dann munter und eben weiter dahinzuplätschern.

Ein Waisenkind! Pah! Was soll es damit! Das Gehalt fällt mager aus, wenn der Vater fehlt. Und wo bleiben die üblichen Ehrengeschenke des Erzeugers an die Amme? Der Großvater wird sich nicht sonderlich um das Kind kümmern.

Abd Almuttalib lief den Markt auf und ab und rief: »Eine Amme für Mohammed, den Sohn der Aminah!«

Er lief den ganzen Vormittag. Als alle andern Frauen schon Säuglinge gefunden hatten, trat Halimeh, die Ärmliche und Unscheinbare, mit den schlaffen Brüsten, welche fürchtete, um ihren Verdienst zu kommen, auf Almuttalib zu und sprach: »Ich bin bereit, Mohammed, den Sohn der Aminah, zu säugen und zu pflegen...«

Sie nahm den Knaben auf die Arme und trug ihn, mißvergnügt, daß sie ein Waisenkind davongetragen und weiterer Geschenke verlustig gehe, zu ihrer Kamelin, einem halbverhungerten kärglichen Tier, und schloß sich der Karawane der Ammen an, die mit ihren Säuglingen heimritten.

Als sie nun Mohammed an ihren schlaffen Busen legte, da schwoll er rund wie ein Granatapfel und gab Milch im Überfluß. Am Abend, da es sie hungerte und ihr Mann die Kamelin molk, molk er viele Eimer voll. Als sie sich zum Schlaf niederlegten, standen Dattel- und Feigenbäume um ihr Lager und sie tranken und aßen sich seit langem wieder einmal satt. Halimeh aber sagte: »Wisse, wir sind in einen Garten der Wunder getreten. Die Welt liegt hinter einem Rosenbusch. Palmen fächeln wie Mohrensklaven. Ich bin jung und wieder schön. Küsse mich Geliebter...«

Das Land der Benu Saad, welches das unfruchtbarste Arabiens ist, wandelte sich, wo die Schritte Halimehs, der Amme Mohammeds, es berührten, zu einem paradiesischen Acker. Schwer mit Milch beladen schwankte Halimehs Vieh jeden Abend heim. Die Bäume warfen Schatten und Früchte ins ehedem leere Haus. Vögel und Blumen, die man vordem in dieser Gegend nie gesehen, blühten und zwitscherten um Mohammed und Halimeh. Nach zwei Jahren entwöhnte Halimeh Mohammed von ihrer Brust. Er aber verlangte noch oft nach ihr, bis in sein viertes Jahr.

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