Divan der persischen Poesie
Divan der persischen Poesie

Blütenlese aus der persischen Poesie, mit einer litterarhistorischen Einleitung, biographischen Notizen und erläuternden Anmerkungen.

Herausgegeben von Julius Hart.

1887 n.Chr.

Inhaltsverzeichnis

Divan der persischen Poesie

Sadi

Aus dem Bostan. Achte Abteilung: Von der Dankbarkeit.

Der undankbare Fürst

Ein tapfrer Fürst stürzt' einst vom Rappen nieder,
Verrenkte sich am Hals des Wirbels Glieder;
Fest steckt der Hals ihm, wie dem Elefant,
Den Kopf nur wandt' er, wenn den Leib er wandt';
Die Ärzte wußten keinen Rat zu geben,
Da kam aus Griechenland ein Weiser eben,
Der richtete den Hals und Kopf ihm ein,
Sonst mußte ohne ihn gelähmt er sein.
Als er erschien drauf in des Königs Hallen,
Ließ keinen Blick der Schlechte auf ihn fallen;
Der Weise senkte tief sein Haupt vor Scham,
Und sprach im Gehn bei sich, wie ich vernahm:
»Kam ich nicht, ihm den Hals zurechtzudrehen,
Vermöcht' er jetzt nicht, von mir wegzusehen.«
Er sandt' ein Korn durch einen Diener hin:
»Leg' auf die Räucherpfanne es vor ihn!«
Der König niest', als sich der Rauch erhoben,
Und Hals und Kopf war wie zuvor verschoben.
Entschuld'gend lief man nach in eil'gem Lauf,
Doch suchte man den Mann vergebens auf.

Karl Heinrich Graf

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