Divan der persischen Poesie
Divan der persischen Poesie

Blütenlese aus der persischen Poesie, mit einer litterarhistorischen Einleitung, biographischen Notizen und erläuternden Anmerkungen.

Herausgegeben von Julius Hart.

1887 n.Chr.

Inhaltsverzeichnis

Divan der persischen Poesie

Hussein Uli Mirza.

Geboren 1814 zu Schiras, dessen Statthalter er später war. Ein naher Anverwandter des regierenden Herrscherhauses von Iran, nahm er im Staate eine hervorragende Stellung ein. Sein »Alkoran der Liebe«, in zehn »Suren-Kränze« eingeteilt, enthält 1001 Lieder, welche einen zusammenhängenden Liebesroman bilden: Erwachen der Liebe, Werbung, Erhörung, Vermählung, Ehe, Tod der Geliebten und einen Anhang: »Buch der Dichtung«. Aus jeder der zehn Suren folgen hier einige Proben.

Aus »Alkoran der Liebe.«

Buch der Liebesfeier.

1.

Du bist ein Pol, du ziehst mich an,
Du bist ein Pol, du stoßt mich ab,
Bist mir ein Irrlicht auf der Bahn,
lind bist zugleich mein Wanderstab.

Ich eile fort, dich meide ich,
Indem ich fliehe, such ich dich;
Ich raffe mich mit Stolz empor,
Und beuge mich doch wie ein Rohr.

Indem ich lebe, sterbe ich,
Hoffnung wie Furcht erwerbe ich,
Mir ward so höchstes Himmelsheil,
Mir tiefste Höllenqual zuteil.

Wohl weiß ich, was da kettet mich,
Nicht weiß ich, was da rettet mich –
O Liebe voller Heil und Fluch,
Wer löset deinen Widerspruch?

2.

Wär' ich ein Demant, was wärst du?
– Mein Schatz, ich wär' der Ring dazu.
Was wärst du, wäre Schiras ich?
– Der Lenz wär' ich und schmückte dich.
Wär' ich das Meer, was wärst du dann?
– Zu rudern drauf wär' ich ein Schwan.
Wär' ich der Himmel, ei, was nun?
– Als Stern würd' ich im Schoß dir ruhn.
Und bleib' ich allzeit, was ich bin?
So bleibst du mein Gedank' und Sinn,
Mein Ziel, Begehr und mein Gewinn,
So ruf' ich: nimm ans Herz mich hin!

3.

Ich bat: die Hand magst du mir drücken!
Sie sprach erzürnt: wie bist du kühn!
Ich bat: dein Kuß soll mich beglücken!
Sie lacht: umsonst ist dein Bemühn!
Ich bat: umfang', mich, mein Entzücken!
Sie höhnt': eh soll die Sonn' entsprühn!
Da warf ich fort der Langmut Krücken,
Da baut' ich selbst mir goldne Brücken,
Da küßt' ich sie aus freien Stücken,
Da wagt' ich's, fest sie zu umstricken,
Da mocht' ich heiß sie an mich drücken,
Umklammernd Brust ihr, Hals und Rücken –
Und zeigte noch sie Groll und Tücken?
Nein, Wunder! alles ward verziehn.

Julius Altmann.

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