Divan der persischen Poesie
Dschami
Aus den »Divanen«
8.
Früh morgens stellt gleich einem Mönch das
Morgenrot sich ein,
Und wirft auf Berges Rücken hin als Kutte seinen Schein.
Mit Lust der Schale Weines hellt Gelag und
Sang sich auf,
Der Flöte trillernd Licht, es giebt dem Reigen seinen Lauf.
Da kommt zu meiner Thür herein –? die Liebste
ist's, ja wohl,
Den Abschied auf der Zunge und geschürzt zum Lebewohl.
Und spricht? Sie sagt: »Da fernerhin des
Schicksals Ungunst dir
Es auferlegt, getrennt zu sein, zu weilen fern von mir,
»So freu dich meines Hierseins noch und
schwelg' im Augenblick,
Es sei dir meine Nähe mehr als alles Erdenglück.
»Befried'ge dich in mir allein, laß beider
Welten Reich;
Es ist ja für des Abschieds Schmerz dir als Ersatz nicht
gleich.
»In dieser Höhle Wildnis bin nur ich's, die
traulich kommt;
In diesem Haus der Bosheit bin nur ich es, die dir frommt.«
Das Wort noch auf der Lippe sinkt sie mir zu
Füßen her,
Und sitzend will sie forschen, ob das Haupt nicht schmerze
mehr.
Da heb' ich bittend meine Hand nach ihrem
Saum, sie spricht:
»Dschami, laß mich gewähren und behindre du mich nicht.
»Des Eifers Gürtel nahm ich, band ihn um die
Mitte mir,
Ich zieh in aller Länder Land, ins herrlichste Revier.
»Ins Land, mein Auge thränt um den, der
dorthin nicht gelangt;
Ich gehe ins Gebiet, nach dem mein Sehnen heiß verlangt;
»Das alle Erdenkinder hält an des Gehorsams
Band,
Den Sklaven tief im Staube wie den Herrscher weit im Land.
»Heil dem, bei dem das Volk da sucht die
Zuflucht im Gebet;
Heil dem, in dessen Heimat all' der Beter Bitte geht.«
Wickenhauser.