Der Tod des Husein ...

Der Tod des Husein ben Ali und die Rache

Ein historischer Roman aus dem Arabischen

Ferdinand Wüstenfeld

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Sahl erzählt

Sahl ben Sa'd el-Schahrazuri (Fußnote: An anderen Stellen el- Schahrawerdi oder el-Nisaburi, hier statt dessen L Habib el-Nisaburi.) erzählt: In dem Jahre, in welchem Husein getötet wurde , wollte ich die Wallfahrt machen, ich wurde aber aufgehalten und verweilte in Kufa ; und siehe, an diesem Tage waren die Marktplätze leer, die Buden geschlossen und die Leute hatten sich gruppenweise versammelt, einige weinten ganz offen, andere insgeheim.

Ich trat an einen alten Mann aus dem Volke heran und sprach zu ihm: erzähle mir doch, was das zu bedeuten hat, ich sehe die Leute zusammenstehen, die Märkte sind leer, die Buden geschlossen; ist bei euch ein Festtag, von dem ich nicht weiß, dass ihn die Muslim feiern? Da ergriff er meine Hand, trat mit mir zur Seite von den Menschen weg und sagte: o mein Herr, es ist kein Festtag; dabei fing er an heftig zu weinen vor innerer Aufregung. Als er schwieg , sagte ich: erzähle mir, Gott erbarme sich deiner. Nun sprach er: Mein Weinen hat seinen Grund in zwei Armeen, von denen die eine in die Flucht geschlagen, die andere siegreich gewesen ist. — Wem gehören denn diese beiden Armeen? — Die Armee Huseins ist geschlagen und die Armee des Ibn Zijad hat gesiegt; o unglückliche Stunde, wo der Kopf Huseins zu uns hereingebracht wird! — Sahl erzählt weiter: Er hatte seine Rede noch nicht geendet, da gewahrte ich, dass Trompeten erschallten, Standarten wehten und Fahnen flatterten; ich wandte meine Blicke hin, da nahte sich die Armee und zog in Kufa ein. Als der Zug vorüber war , hörte ich laute Klagstimmen, da wurde der Kopf Huseins auf einer Lanze sichtbar, von seinem Gesichte verbreitete sich ein Lichtglanz, und indem ich ihn nun betrachtete, erstickten mich die Tränen. Nach ihm kamen die Gefangenen, voran Ali ben Husein und hinter ihm Umm Kulthum mit einem Schleier von grauer Seide, sie rief : Ihr Bewohner von Kufa! wir sind die Gefangenen aus Huseins Familie, die Töchter des Gottgesandten, wendet eure Blicke von uns ab ; schämt ihr euch nicht vor Gott und seinem Gesandten, dass ihr die Frauen Muhammeds des auserwählten und 'Alfs des begnadigten und der hehren Fatima begafft? Da wandten die Leute ihre Blicke von ihnen weg.

Sahl ben Habib erzählt: Am Eingange in das Quartier der Banu Chuzeima (L. der Geldwechsler) hielt der Zug eine Zeit lang still, der Kopf steckte auf einer langen Lanze , es wurde die Sure der Höhle (Sure 18) vorgelesen ; als man zu den Worten kam (Vers 8): Hast du wohl bedacht, dass die Bewohner der Höhle und des Rakim eins unsrer wunderbarsten Zeichen gewesen sind ? [L bis zu den Worten (V. 12): Sie waren Jünglinge, die an ihren Herrn glaubten, und wir sind ihrem Wege gefolgt;] fing ich an zu weinen und sprach: dies ist ein schändliches Verfahren, o Gott! du bist über alle Dinge mächtig. Dann vermochte ich nicht noch etwas zu hören und fiel ohnmächtig zur Erde, und ich erholte mich nicht eher von meiner Ohnmacht, bis die Sure zu Ende war und der Kopf zu Ihn Zijad hineingebracht wurde. Nachher traten die Frauen und 'Ali ben Husein ein , dieser wurde vor Ibn Zijad geführt, welcher ihn anredete: Wie ist dein Name, mein Junge? — Ali — Hat nicht Gott den Ali getötet? — Ich hatte einen älteren Bruder (desselben Namens), den haben die Leute getötet. Dann fuhr er fort: o Ibn Zijad ! wir werden bald vor Gericht stehen und auch ihr, wir werden gefragt werden und auch ihr, ihr werdet Muhammed eine Antwort nicht geben können. — Er schwieg dazu und antwortete mit keiner Silbe. Hierauf wandte er sich zu den Frauen und fragte: welche von euch ist Umm Kulthum ? — Keine Antwort. — Er rief sie an: du Tochter 'Alis! sie antwortete nicht. — Ich frage dich, bei der Gerechtigkeit deines Großvaters des Gottgesandten, willst du mir antworten? — Jetzt sprach sie: Du Feind Gottes, was willst du von mir? — Gelobt sei Gott, der euch zu Schanden gemacht, eure Reden lügen gestraft und mir die Gewalt über euch gegeben hat. — Du Sohn des Mannes von zweifelhafter Herkunft, zu Schanden gemacht wird nur der Gottlose und lügen tut der Heuchler, bei Gott ! du bist der größte Lügner, Heuchler und Gottlose und verdienst eher die Schande als die heilige Familie, und deshalb sei versichert, dass dir die Hölle und ewiges Verderben bevorsteht. — Er lachte über ihre Rede und sagte: nachdem ich von euch befreit bin, habe ich vor der Hölle und dem Verderben keine Sorge. — Du hast die Erde mit dem Blute der heiligen Familie getränkt. — Du willst weiter nichts, als dass ich Strenge gebrauche, und gleichst darin deinem Vater, wenn du nicht ein Weib wärest, würde ich dir den Kopf abschlagen. — Was wäre daran gelegen, nachdem du meinen Herrn und den Herrn aller Bewohner der Erde getötet hast?

Sahl fährt fort: Man fing nun an, ihm die Frauen vorzuführen, und er betrachtete sie rechts und links, während die Köpfe auf Lanzen um ihn herum standen; Zeinab war im bloßen Kopf, Schleier und Ohrringe waren ihr weggenommen, ihr Haar war aufgelöst, sie versteckte sich hinter die anderen Frauen und verbarg ihr Gesicht und ihren Kopf mit ihrem Ärmel. Ihn Zijad betrachtete sie und fragte einen seiner Türhüter, wer dieses Mädchen sei; er antwortete: diese ist die Schwester des Rebellen. Nun wandte sich Ihn Zijad nach ihr und rief sie an : o Zeinab ! bei der Gerechtigkeit deines Großvaters! antworte mir. Sie sprach: was willst du von mir, du Feind Gottes? du hast uns beschimpft und geschmäht vor allem Volke. — Er sagte: was denkst du darüber, wie es Gott mit deinem Bruder gemacht hat, welcher Jazid die Herrschaft und das Chalifat nehmen wollte? — Sie entgegnete: wehe dir, o Ibn Mar'gana ! wenn mein Bruder nach dem Chalifat strebte, so geschah es nach dem Erbrechte von seinem Vater, Bruder und Großvater, du aber hast den Streit für dich angefangen, nun gib Gott Antwort, wenn er der Richter, das Gefängnis die Hölle und der Gegner mein Großvater der Gottgesandte sein wird. — Ibn Zijad versuchte ihr das Gesicht aufzudecken, darüber ereiferte sich Zein el-Abidin Ali ben Husein und sagte: o Ibn Zijad, wie weit willst du deine Beschimpfung gegen meine Tante treiben und sie den Blicken derer preisgeben, die sie nicht kennen? Über diese Worte wurde Ibn Zijad aufgebracht, er wandte sich an einen seiner Türhüter mit dem Befehl: »nimm diesen fest und schlag ihm den Kopf ab«. Der Türhüter zog ihn zu sich heran, doch Zeinab hing sich an ihn und rief einmal über das andere: »oh dieser Verlust der Kinderl« Sie rissen sie mit Gewalt los und nahmen ihn fest, da weinte sie und sprach: o Ibn Zijad, unser Blut, das du vergießest, bei Gott! es wird über dich kommen; wenn nichts dein Vorhaben hindern kann, so töte mich vor ihm. Ibn Zijad erwiderte: Wunderbar zum Erbarmen, bei Gott! sie wünscht ihr Leben für ihn hinzugeben, lasst ihn frei.

Er rief nun Chaula ben Jazid el-Acbahi heran und gab ihm den Auftrag: nimm diesen Kopf und begib dich mit ihm für diese Nacht in deine Wohnung, bis ich dich rufen lasse. Zu Befehl! antwortete er, nahm den Kopf und begab sich mit ihm in seine Wohnung. Chaula hatte zwei Frauen, eine Taglibitin und eine Mudharitin ; als er bei der letzteren eintrat, fragte sie; was ist das für ein Kopf? er antwortete: dies ist der Kopf des Husein ben Ali ben Abu Talib, der die Welt beherrscht. Da sprach sie: Sei versichert, dass morgen sein Großvater Muhammed dein Ankläger sein wird, ich meines Teils werde, bei Gott! meinen Kopf nie wieder mit dem deinen zusammentreffen lassen, du bist mein Mann nicht mehr und ich nicht mehr deine Frau. Sie ergriff eine eiserne Stange und wollte ihn damit schlagen, er zog sich aber von ihr zurück und ging zu der anderen, der Taglibitin. Sie fragte: was hast du da bei dir? Er antwortete: den Kopf eines Rebellen, der gegen den Emir in einem Kerbela genannten Lande aufgestanden ist. — Und wie heisst er? — Er wollte ihr den Namen nicht nennen und verließ sie, indem er den Kopf unter einer Schüssel zurückließ, wo er die Nacht blieb. Seine Frau erzählte: Bei Gott ! ich habe bis zum Anbruch der Morgendämmerung von dem Kopfe den Coran verlesen gehört, die letzten "Worte, die ich vernahm, waren (Sure 26, 22 8): «Und diejenigen, welche Unrecht tun, werden erfahren, in welchen Abgrund sie werden gestürzt werden.« Ich hörte um den Kopf herum ein Summen, wie das Summen der Bienen beim Wehen des Windes, da wusste ich, dass es das Lobpreisen der Engel war.

Sahl ben Sa'd erzählt : Am anderen Morgen versammelte Ihn Zijad die Leute in der Moschee, bestieg die Kanzel und fing an auf Ali, Hasan und Husein zu schimpfen; da erhob sich ein Mann aus der Mitte des Volkes Namens Abdallah ben Afif el-Azdi, (ein betagter Greis, dessen Augenlicht erloschen war, er hatte noch unter Muhammed gekämpft;, der sprach zu ihm: halt ein! Gott zerschlage dir den Mund, er beschleunige dein Verderben und haue dir Hände und Füße ab ! ist es dir nicht genug, dass du den Sohn der Tochter des Gottgesandten und die Nachkommen des Propheten getötet hast? nun steigst du noch auf die Kanzel um auf Ali und seine beiden Söhne zu schimpfen; wahrlich, ich habe den Propheten sagen hören: wer Ali beschimpft, der beschimpft mich und wer mich beschimpft, der beschimpft Gott, und wer Gott beschimpft, den wird er mit der Nase voran in die Hölle stoßen; willst du Ali beschimpfen, so zerschlage dir Gott den Mund, er beschleunige dein Verderben und vertilge deine Stätte ! — Da befahl Ibn Zijad ihm den Kopf abzuschlagen, indess seine Angehörigen von Azd verhinderten dies und brachten ihn in seine Wohnung. Als die Nacht anbrach, gab Ibn Zijad dem Chaula ben Jazid, indem er ihm 500 Reiter zuteilte, den Befehl : Begib dich in die Wohnung des Abdallah ben 'Afif el-Azdi und hole mir seinen Kopf, oder wenn du ihn gefangen nehmen kannst, so tue es. —

Sahl fährt fort. Er zog also ab , bis er an die Wohnung des Abdallah ben 'Afif kam ; dieser hatte eine kleine Tochter und als sie die Pferde gewahr wurde, sagte sie: lieber Vater, die Leute wollen dich plötzlich überfallen. Er erwiderte: mein Töchterchen, reiche mir das Schwert, stelle dich mir gegenüber und rufe mir zu: rechts, links, vor dir, hinter dir. Dann nahm er seinen Stand an einem engen Platze und hieb rechts und links um sich, bis er 23 Mann von ihnen getötet hatte, wobei er sprach: wehe euch! bei Gott! wenn er mir das Augenlicht öffnete, so würde ich euch bis auf den letzten Mann vernichten. Danach wurden ihrer aber zu viele für ihn, sie nahmen ihn gefangen und brachten ihn zu Ibn Zijad. Als er ihn sah, sprach er: Gelobt sei Gott, welcher dich blind gemacht hat. Abdallah ben 'Afif erwiderte: Gelobt sei Gott, welcher deine Augen geöffnet und dein Herz blind gemacht hat. Ibn Zijad sagte: töte mich Gott, wenn ich dich nicht auf die schmählichste Weise töte ; worauf Abdallah entgegnete : Ich bitte Gott , dass er zum Lohne mich den Märtyrertod durch die Hand des schlechtesten seiner Geschöpfe sterben lasse, ich kenne auf dem Erdboden keinen schlimmeren Widersacher Gottes und seines Gesandten als dich und keinen größeren Feind der Familie Muhammads als dich. Er fing dann an zu weinen und laut zu schluchzen und sprach:

Ich entsage dem Frohsinn und nehme Abschied von der Liebe und den züchtigen Frauen
und spreche zu den Freunden: antwortet, — wenn Jemand ruft,
Und sagt ihm, wenn er sich erhebt, um auf den rechten Weg zu leiten
und spricht: hier ist der rechte Weg —: zu Befehl! zu Befehl! du rufender.
Bindet ihm die Schienen fest, wenn der Krieg das Bein entblößt,
denn jeder Mann wird belohnt für das, was er vollbringt.
Führet gegen die Feinde alle muntere leichten Pferde,
und führet die schnell laufenden und eingeübten.
Ziehet gegen die Gottlosen mit blanken Waffen und Lanzen
und schwinget gegen sie die Schwerter und Lanzenspitzen.
Weinet über das beste der Geschöpfe in Bezug auf Großvater und Vater,
Husein, welcher nicht aufhört die Erdenbewohner zu schirmen.
Beweinet Husein, die Fundgrube der Religion und Gottesfurcht,
welcher seine Liebe zu verdoppeln hoffte.
Beweinet Husein, so oft die glänzende Sonne aufgeht
und in der Finsternis der Nacht in allen Versammlungen.
Mag Husein beweinen jeder Barfüßer und Beschuhte
und die Armen, welche das Schicksal von der lobenswerten Seite nicht kennen.

Sahl fährt fort: Hier unterbrach ihn Ibn Zijad in seinem Gedichte und "befahl ihm den Kopf abzuschlagen, was auch geschah.

Alsdann Hess er den Kopf Huseins herbeibringen und übergab ihn dem Omar ben el-Harith el-Machzumi mit dem Befehle, ihn auszuhöhlen und das Gehirn, die Adern und die fleischigen Teile um das Gehirn herauszunehmen; er tat dies und sofort vertrocknete seine Hand; nach anderen entstand daran ein Knochenfrass, der sie verzehrte, und seine Kinder verhöhnten ihn deshalb. (L. Nachdem hierauf der Kopf mit Moschus, Kampfer und Myrrhen getränkt war), Hess er den unglückseligen Schimr ben Dsul - Gauschan und Chaulä ben Jazid rufen, übergab ihnen 500 Heiter mit ihrem Proviant und einem sehr reichlichen Sold, und befahl ihnen mit den Frauen, den Gefangenen und den Köpfen nach Damascus zu ziehen und sie in jeder Stadt, die sie betreten würden, zur Schau auszustellen. Als ich dies sah, beschloss ich die Reise mit ihnen zu machen; ich nahm 1000 Dinare und 1000 Dirhem mit mir, folgte den Leuten und schloss mich dem Zuge an, bis sie nach Cädisia kamen. Hier bezogen sie ein Lager und Umm Kulthum begann die Verse :

Gestorben sind die Männer und das Schicksal hat meine Herren vernichtet,
oh wäre ich doch gewaltsam vor meinen Herren gestorben!
Die Erbärmlichen stürmen auf uns ein, ungeachtet sie wissen,
dass wir die Töchter dessen sind, der die richtigen Lehren gebracht hat.
Sie lassen uns die Reise machen auf bloßen Sätteln,
als wären wir unter ihnen ein Stück Beute.
Möge dir der Gottgesandte vergelten, was sie getan haben
an deiner Familie, o Licht der Geschöpfe!
Euch genügt der Gottgesaudte , wehe euch!
er führt euch einen Weg in die Irre.

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