Brief Pierre Lotis an seinen Freund Plumkett.
An Bord der »Couronne«.
Toulon, 24. April 1876.
Lieber Freund!
Ich wollte, ich könnte gleich Ihnen mich Christus zu Füßen
werfen; noch jetzt gäbe ich gern alles, was ich besitze,
darum, nur eine Stunde lang den bewunderungswürdigen Irrwahn
der Gläubigen zu besitzen, und wie sie in seligem Frieden
sterben zu können ... Doch da mir dies versagt ist, mache ich
gymnastische Übungen. Das Mittel ist gut, ich versichere es
Ihnen. Versuchen Sie auch ein wenig, es anzuwenden. Ich bin
den ganzen Tag im Zirkus, in der Gesellschaft von Clowns und
schönen Mädchen, die durch Papierräder springen. Ich lerne
Possen reißen, erlerne, auf dem Rücken eines Pferdes zu stehen
und springe durch Reifen.
An Bord habe ich mein Zimmer im Stil des beginnenden
vorigen Jahrhunderts eingerichtet. Die Wände sind mit roter
Seide bespannt, über das Bett ist eine schwere Stickereidecke
aus dem XVII. Jahrhundert gebreitet. Ich habe alte Spiegel in
erlesenen Goldrahmen, Waffen und antike Vasen aus Fayence, in
denen immer Rosen stehen.
Dies Zimmer der »Couronne« liegt neben der Pulverkammer,
ist ein schier luftloser Raum. Doch sein Düster mißfällt mir
nicht, es legt sich um alle Dinge und läßt sie reich und
geheimnisvoll aus dem Halbdunkel treten. Die Ausschmückung
erscheint mir gut gewählt. Als ich eines Tages keine zehn
Franken mehr hatte, ging ich hin und habe gespielt. Und all
der Luxus ist das Ergebnis jener Nacht, in der das Glück mir
hold gewesen ist.
Vom selben an denselben.
Ohne Datum.
Mein lieber Plumkett!
Die Etablissements, die Sie mir nennen, Bicêtre oder
Charenton, bieten ihren Pensionären nur relatives Wohlbefinden
bei nicht genügender Zerstreuung und Ablenkung. Hingegen ist »The
Lunatic Asylum« in Halifax (Neu-Schottland), das lieblich
zwischen lachenden grünen Hügeln liegt, ein Ort, der
Pensionären dank seiner ausgezeichneten Leitung echt englische
Behaglichkeit zu bieten vermag. Das »Lunatic Asylum« habe ich
vor sechs Jahren gemeinsam mit meinem Kollegen A... J...
feierlichst zur Zufluchtsstätte für unsere alten Tage erwählt.
Erwarten Sie uns dort, lieber Freund! Ich bin so frei, Ihnen
diesen Ort zu nennen und aufs wärmste zu empfehlen. –