Auf fernen Meeren

Auf fernen Meeren

Tagebuchfragmente und Briefe

1924 n.Chr.

Pierre Loti

Inhaltsverzeichnis

Brief Pierre Lotis an seine Schwester.

La Trappe, Februar 1878.

Liebe Schwester!

Dieser öde Ort, gegen den Du einen so heftigen Widerwillen bekundest, hat doch wenigstens ein Gutes: daß man sich hier zutiefst wiederfinden kann.

Ich bin nicht, wie Du wähntest, nur aus phantastischer Grille ins Kloster gegangen. Ich brauchte einige Tage tiefsten Friedens. Ich habe viel gegrübelt und selbst ein wenig geweint, was außerhalb der Klostermauern wohl etwas sinnlos ausgesehen hätte. Aber es hat mir wohlgetan.

Ich habe mir sagen müssen, daß meine Jugend verfliegt, daß das Leben uns allen vergeht, und daß die Augenblicke des Zusammenseins, die uns noch bleiben, mehr als je gewählt sind. Drum sollen wir, wenn sie uns kostbar sind, sie nicht verlorengehen lassen.

Liebes Schwesterchen, willst Du für uns vollständigen Frieden, den schönen Frieden früherer Zeit?

Wohl verdiene ich Nachsicht, weil ich durch mehr Versuchungen ging als jeder andere und mehr als jeder andere leiden muß. Meine Bestimmung hier auf Erden ist, wie Du weißt, der Deinen nicht vergleichbar, noch jener all der Leute, von welchen Du umgeben bist.

Willst Du, daß alles Böse zwischen uns zu Ende sei? Dann schreib mir einen guten Brief ohne jeden Hintergedanken. Ich habe schon sehr lange keinen solchen gesehen.

Ich umarme Dich.

Lorient, Februar 1878.

Ich verließ das Kloster mit einem ganz eigentümlichen Verlangen nach Lärm, Bewegung und Freiheit.

In den Wäldern war es fast schön. Und ich lief wie ein Kind die Wege entlang, sang laut und sprang über Gräben. Und dann überließ ich mich dem endlich wiedererlangten Glück, Zigaretten zu rauchen, und süßen Most hab' ich getrunken in ländlichen Herbergen am Wege.

 

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