Maududi
Sayyid Abul A'la Maududi

Aussprache: sayyid abul a-alaa al-maududi
arabisch:
سيد ابو الاعلى المودود
persisch:
سيد ابو الاعلى المودود
englisch: Sayyid Abul Ala Maududi

25.9.1903 - 22.9.1979 n.Chr.

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Sayyid Abul A'la Maududi wurde von seinen Anhängern "Maulana" (unser Herr) genannt. Er war der Gründer und langjährige Vorsitzende der Jamaat-i-Islami, einer besonders in Pakistan einflussreichen islamischen Organisation. Als einer der meistgelesensten muslimischen Autoren seiner Zeit trug er maßgeblich zur Verbreitung des Wiedererwachens der Muslime und eines dynamischen Islam bei.

Abul A'la Maududi wurde am 25. September 1903 in Aurangabad im muslimisch regierten Fürstentum Hyderabad im Süden Indiens geboren. Er entstammte einer Sayyid-Familie. Maududis Vater war ein Anwalt und beeinflusst von der in Auseinandersetzung mit der kolonialen Vermittlung europäischer Werte entstandenen Bewegung zur Purifizierung des Islams, die eine Reinigung von traditionell verwurzelten unislamischen Praktiken und ein Wiedererstarken der muslimischen Welt nach dem Vorbild der islamischen Frühzeit anstrebte. Er lehnte sowohl die traditionelle, damals in Pakistan stagnierende Ausbildung der Madrasa als auch die säkulare, rein materialistisch orientierte Ausbildung an den Kolonialschulen ab und unterrichtete seinen jüngsten Sohn Abul A'la zu Hause neben seiner Muttersprache Urdu unter anderem im Studium der Naturwissenschaften, der islamischen Schriften und der Sprachen Arabisch, Persisch und Englisch. Später besuchte Maududi für kurze Zeit eine neu gegründete Madrasa in Hyderabad. Diese Verwurzelung in einem dynamischen nach Fortschritt und ständiger Entwicklung strebenden Bildung prägte Maududis Anschauungen bis ans Ende seines Lebens.

Nach dem Tod seines Vaters arbeitete Maududi schon mit 17 Jahren für ein Urdu-sprachiges Wochenmagazins in Jabalpur, wenig später wechselte er nach Delhi zur Al-Jamiat, der Zeitschrift der Jamiat Ulama-i-Hind, der damals wichtigsten Vereinigung traditioneller Geistlicher Indiens. Unter seiner Herausgeberschaft von 1925 bis 1928 entwickelte sich das Blatt zur führenden muslimischen Zeitung des Landes. Daneben beteiligte er sich auch an der ersten indischen Massenbewegung, dem Khilafat-Movement gegen die Zerschlagung des osmanischen Kalifats nach dem Ende des Ersten Weltkrieges.

In der Al-Jamiat veröffentlichte Maududi 1927 Al-Jihad Fi-al Islam, eine Untersuchung zum islamischen Kriegsrecht anhand der kanonischen Schriften, die 1930 auch in Buchform erschien. Durch diese Schrift, in der Maududi die Konzepte im Heiligen Qur'an zu Krieg und Frieden anhand moderner Begriffe interpretierte, wurde der große Dichter und Philosoph Muhammad Muhammad Iqbal auf ihn aufmerksam. Zur geplanten Zusammenarbeit bei der Übersetzung und Neuinterpretation der frühen religiösen Kommentare zu Recht und Politik kam es aufgrund von Iqbals Ableben 1938 aber nicht.

Die zunehmende Polarisierung zwischen Muslimen und Hindus im Vorfeld der 1934 und 1936 anstehenden Wahlen zum Zentralparlament und den Provinzlandtagen zog Maududi stattdessen endgültig in die politischen Auseinandersetzungen hinein. Dabei wandte er sich gegen beide großen muslimischen Organisationen Indiens: Die Pakistan-Bewegung bzw. die Muslim-League lehnte Maududi ab, weil der Islam als universales Weltbild nicht als ideologisches Fundament eines Nationalstaates missbraucht werden dürfe. Die traditionelle Geistlichkeit, bei der seine radikalen Neuinterpretationen kanonischer Schriften kaum Zustimmung fanden, kritisierte er wegen ihrer Monopolisierung religiöser Auslegung.

In der von 1933 bis zu seinem Lebensende herausgegebenen Monatsschrift Tarjuman-al-Quran (Die Übersetzung bzw. Übertragung des Qur'ans) und in unzähligen Aufsätzen und Vorträgen arbeitete Maududi seine politischen Ziele heraus, die auch lange nach ihm ideologische Grundlage der von ihm gegründeten Jamaat-i-Islami sind. Dabei interpretierte er den Heiliger Qur'an orientiert am Fundament und benutzte explizit das politische Vokabular der Moderne und arbeitete vielfach mit Gleichnissen, um zeitgenössische politische Institutionen und Ideen mit dem Nachweis ihrer Existenz in der islamischen Frühzeit zu erläutern.

Fundament seines politischen Kampfes war die Überzeugung, dass der Islam eine umfassende Weltanschauung ist, die nicht nur die Beziehungen der Gläubigen zu Gott umfasse, sondern alle Lebensbereiche, besonders auch das gesellschaftliche Zusammenleben, umfassend, abschließend und eindeutig regele. Er war davon überzeugt, dass sie in idealer Weise während der Herrschaft des Prophet Muhammad (s.) und der ersten vier Kalifen verwirklicht gewesen sei. Sein Ziel war die Wiederherstellung der frühen Ordnung, spätere Entwicklungen im Islam lehnte er als Entstellungen des reinen Islam ab.

Nach Maududis Vorstellungen sollte die neue Gesellschaft zuerst auf staatlicher Ebene errichtet werden. Als oberstes Prinzip dieses Staates und der Gesellschaft beschrieb er die Souveränität Gottes. Sie verbinde Religion und staatliche Ordnung zu einer untrennbaren Einheit, denn Gottes Souveränität erstrecke sich auf alle Bereiche menschlichen Lebens. Dabei bezog er sich auf Verse im Heiligen Qur'an, in denen die Allmacht Gottes bei der Schaffung des Universums und der Menschen, bei dessen Erhaltung und bei der Beurteilung der Menschen nach ihrem Tod beschrieben wird. Diese Allmacht erstrecke sich direkt auf alle menschlichen Lebensbereiche und werde durch den Staat in konkrete Normen übersetzt. Die Konzipierung staatlicher Herrschaft als Stellvertretung göttlicher Allmacht unterwerfe die Gesamtheit menschlicher Handlungen staatlicher Herrschaft.

Die ursprüngliche Idee, sich nur begrenzt und als Fundamentalopposition parlamentarisch zu betätigen, trat in den folgenden Jahren in den Hintergrund. Um General Ayub Khan von der Macht zu verdrängen, stimmte Maududi 1965 sogar der Unterstützung der Kandidatin der säkularen Opposition, Fatimah Jinnah zu. Nach der schmerzlichen Wahlniederlage 1970, als Maududi und seine Mitstreiter eigentlich auf den Durchbruch gehofft hatten, gewann bei ihm allerdings wieder die Sicht einer fundamentaloppositionellen, revolutionären Bewegung die Oberhand. Von seinen Anhänger zum Teil für die Wahlniederlage verantwortlich gemacht, begann er sich enttäuscht aus der Tagespolitik zurückzuziehen. Zwei Jahre später legte er den Parteivorsitz nieder. Bis zu seinem Ableben widmete er sich nur noch seinen theologischen Publikationen. Am 22. September 1979 starb er in der Nähe New Yorks, wo sein Sohn als Arzt lebte, an einem Herzleiden.

Im Zuge der islamischen Revolution (Anfang 1979) hat er sich derart eng mit Imam Chomeini und seinen Ideen verbündet und derart "auffällige" Reden gehalten, dass manche Muslime glaubten, dass er möglicherweise insgeheim mit der Schia sympathisiert, obwohl er aus einer sunnitischen Familie stammt. Daher sind auch seine Aktivitäten, Reden und Schriften aus der Zeit nach der islamischen Revolution kaum bekannt, obwohl es die jüngsten seiner Reden sind. Auch sein plötzliches Ableben am 22. September 1979 wurde dann mit einiger "Überraschung" betrauert und einige Kreise gingen dabei nicht von einem "natürlichen" Ableben aus, obwohl er bereits 76 Jahre alt war.

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