Fahrettin Pascha
Fahrettin Pascha

Aussprache:
arabisch:
فخري باشا
persisch:
فخری پاشا
englisch:
Fakhri Pasha

??? - ??? n.d.H.
4.1.1868 - 22.11.1948 n.Chr.

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Ömer Fahrettin Türkkan, bekannt als Fahrettin Pascha (oder Fahreddin geschrieben), war der letzte Kommandeur der Osmanen in der Stadt Medina.

Er ist am  4. Januar 1868 in Rusçuk im heutigen Bulgarien, das damals zum Osmanischen Reich gehörte, als Kind von Fatma Adile und Mehmed Nahid Bey geboren. Die Familie musste aufgrund des Russisch-Türkischen Krieges die Stadt verlassen und flüchtete nach Istanbul, wo er die Offiziersausbildung antrat und 1888 abschloss. Von französischen Arbeitskollegen des Vaters wurde er in Französisch und Mathematik unterrichtet - von ihnen bekam er auch Einblick in die Fotografie. Mit 17 Jahren erwarb er seine erste Kamera, mit der er sein Leben lang viel fotografiert hat.

Seinen ersten Militärdienst absolvierte er im 4. Heer (Dördüncü Ordu) an der armenischen Grenze. 1908 wurde zum 1. Heer (Birinci Ordu) beordert. Im Zeitraum 1911–12 wurde er nach Libyen entsandt. Während des Balkankriegs wurde ihm die Führung der in Gallipoli stationierten 31. Division anvertraut. Seine Einheiten marschierten zusammen mit denen von Enver Pascha in das durch Bulgarien kontrollierte Edirne ein.

1914 wurde Fahrettin Pascha dem in Mossul stationierten siebten Heer zugeteilt und später stellvertretender Kommandant des Vierten Heeres (Dördüncü Ordu) in Aleppo.

Auf Befehl Cemal Paschas marschierte er am 23. Mai 1916 in Richtung Medina. Sein Auftrag lautete die Stadt und die Hedschasbahn gegen Angriffe der Briten und Araber zu verteidigen.

Kurze Zeit später erklärten Faisal I. und Abdallah ibn Husain I. die arabische Revolte gegen die Osmanen. Den zweitägigen Angriff Faisals I. schlug er zurück und verjagte die arabischen Einheiten. Zum Schutz zahlreicher heiliger Gegenstände in der Prophetenmoschee, ließ er diese im Schutz von 2000 Soldaten nach Istanbul bringen, was sich im Nachhinein als sehr nützlich erwiesen hat, da die Saudis fast alles zerstören ließen, was sie erobert haben. Die Gegenstände sind heute im Topkapi Palast ausgestellt. Im Folgenden nahmen seine Truppen trotz seiner sehr begrenzten Möglichkeiten die unter den arabischen Rebellen stehenden Städte Yanbu und Rabegh ein. Es gelang ihm, die mit britischer Hilfe entfachte Revolte in der Anfangsphase nahezu vollständig zu zerschlagen. Seine begrenzten Möglichkeiten und fehlender Nachschub zwangen ihn, sich am 18. Januar 1917 in das Hauptquartier Medina zurückzuziehen. Den Aufständischen gelang es mit der Organisation durch T. E. Lawrence die Truppen in Medina zu belagern. Während dieser Belagerung gab Fahrettin Pascha die in der Türkei bekannte Heuschrecken-Anordnung (Çekirge Talimatnamesi):

„Was unterscheidet eine Heuschrecke von einem Spatzen? Sie hat nur keine Federn... Sie ist genauso beflügelt, fliegt herum, frisst auch Gras, isst frische und saubere Sachen. Sie werden sogar süchtig und haben Geschmack, mögen Zitronen und Tabak. Die Beduinen verdanken ihre Zähigkeit dem Verzehr von Heuschrecken. [...] Man sagt, es gäbe auch ein Hadith unseres Propheten zur Frage der Essbarkeit. [...] Auf welchen Sektor auch die Heuschrecken auftauchen, bitte ich euch, sie nach meinen beschriebenen Verfahren zu verzehren und sie mir zu schenken.“

Bereits vor dem Waffenstillstand von Mudros  hatte er die Stadt zwei Jahre und sieben Monate verteidigt, weshalb er von den Türken "Wüsten-Tiger" und von den Briten "Lion of the Desert" (Löwe der Wüste) genannt wurde.

Mit dem Waffenstillstand von Mudros am 30. Oktober 1918 und der darin enthaltenen Regelung, dass die osmanischen Generäle sich dem nächsten alliierten Truppenführer zu unterstellen hätten, wurde die Aufgabe Medinas erwartet. Fahrettin Pascha war mit seinen Soldaten völlig allein und verbündete Einheiten waren 1300 km entfernt. Dennoch gab er nicht auf. Die Briten stellten nach unbeantworteten Kapitulationsaufforderungen ein Ultimatum bis Mitte Dezember und hoffte auf eine unblutige Lösung. Trotz Aufrufen aus der Hohen Pforte war Fahrettin Pascha nicht bereit, die Stadt kampflos zu übergeben.

Nach Augenzeugenberichten des türkischen Autors Feridun Kandemir, der zu dieser Zeit in Medina ein Freiwilliger des roten Halbmondes war, hielt der Pascha im Frühjahr 1918, nach dem Freitagsgebet [salat-ul-dschuma] in der Prophetenmoschee eine Ansprache die Truppen mit folgendem Inhalt:

"Soldaten! Ich appelliere an Sie im Namen des Propheten, er ist mein Zeuge. Ich befehle Ihnen, ihn und seine Stadt bis zur letzten Patrone und dem letzten Atemzug zu verteidigen, ungeachtet der Stärke des Feindes. Möge ALLAH uns helfen, und mögen die Gebete Muhammads (s.) mit uns sein... Offiziere der heroischen türkischen Armee! O kleine Muhammads, kommt her und versprecht mir, vor unserem Herrn und dem Propheten, euren Glauben mit dem höchsten Opfer eures Lebens zu ehren."

Fahrettin Pascha behauptete, dass er in einem Traum eine Vision hatte, dass Prophet Muhammad (s.) ihm befohlen habe, sich nicht zu unterwerfen. Im August 1918 erhielt er einen Ruf zur Übergabe von Scharif Husain von Mekka. Fahrettin Pascha antwortete ihm mit folgenden Worten:

"Von Fakhr-ud-Din, General, Verteidiger der Heiligsten Stadt von Medina. Diener des Propheten. - Im Namen Allahs, des Gnädigen, des Begnadenden. Wer die Macht des Islam brach, Blutvergießen unter Muslimen verursachte, gefährdete das Kalifat des Obersten der Gläubigen und setzte es der Herrschaft der Briten aus. ... Am Donnerstagabend, dem vierzehnten von Dhul-Hidscha, lief ich müde und erschöpft durch die Schutz- und  Verteidigungstruppen von Medina, als ich mich unter unbekannten Männern befand, die auf einem kleinen Platz arbeiteten. Dann sah ich, wie ein Mann vor mir stand mit einem erhabenen Antlitz. Er war der Prophet (s.). Sein linker Arm ruhte auf seiner Hüfte unter seiner Robe, und er sagte zu mir in einer schützenden Art: "Folge mir." Ich folgte ihm zwei oder drei Schritte und wachte auf, ging sofort zu seiner Prophetenmoschee und warf mich im Gebet und Dank (in der Nähe seines Grabes) nieder. ... Ich stehe jetzt unter dem Schutz des Propheten, meines Oberbefehlshabers. Ich beschäftige mich damit, die Verteidigungsanlagen zu stärken, Straßen und Plätze in Medina zu bauen. Übersende mir nicht nutzlose Angebote."

Er weigerte sich, sein Schwert zu übergeben, obwohl er einen direkten Befehl des osmanischen Kriegsministers erhalten hatte. Die osmanische Regierung war verärgert über sein Verhalten und der Sultan Mehmed VI. entließ ihn von seinem Posten. Er lehnte dies ab und behielt die Flagge des osmanischen Sultans in Medina bis 72 Tage nach dem Ende des Krieges hoch.

72 Tage nach Unterzeichnung des Waffenstillstands von Mudros kam es angeblich zu einer Meuterei unter seinen eigenen Truppen. Eigene Soldaten verhafteten ihn in einem Hinterhalt und arrangierten die Stadtübergabe. Kurz darauf marschierten die Rebellen ein und er kam in britische Kriegsgefangenschaft. Die Briten deportierten ihn über Kairo in ihr Gefängnis in Malta. Dort verbrachte er die Zeit mit Lektüre und dem Lernen der englischen Sprache. Aufgrund des Ausgehens von Munition und Lebensmitteln unter Belagerung kann die Meuterei aber auch auf Befehl von Fahrettin Pascha erfolgt sein, damit er als Alleinschuldiger die Last der Gefangenschaft auf sich nahm und seine Soldaten zurück in die Heimat konnten.

Zwischenzeitlich wurde er von den Osmanen wegen Befehlsverweigerung bei der Übergabe Medinas durch die zum Tode verurteilt, was aber mit dem Zusammenbruch des Osmanischen Reichs hinfällig geworden ist. 1921 haben ihn die Briten entlassen und er schloss sich der türkischen Unabhängigkeitsbewegung unter Mustafa Kemal Atatürk an. Das Parlament entsandte ihn als Diplomaten nach Afghanistan, wo er finanzielle Mittel für den Unabhängigkeitskrieg auftrieb. 1926 endete sein diplomatischer Dienst und er arbeitete bis 1936 in einem Militärgericht.

Im Jahr 1900 hatte er Ayşe Sıdıka Hanımefendi (1884-1959), die Tochter von Ferik Ahmet Pascha geheiratet und mit ihr zusammen fünf Kinder

  1. Suphiye Türkkan 1904-1978 (Tochter)
  2. Mehmed Selim Türkkan 1908-1991(Sohn)
  3. Mehmed Orhan Türkkan 1910-1994 (Sohn), er war 1965–1969 Abgeordneter der Adalet Partisi
  4. Ayşe Nermin Türkkan 1919-1997 (Tochter)
  5. Ayhan Türkkan 1928-4.2.1959 (Sohn)

Ömer Fahrettin Türkkan verstarb am 22. November 1948 in einem Zug in der Nähe von Eskişehir an einem Herzinfarkt. Gemäß seinem Testament wurde er auf dem Aschiyan Friedhof in Istanbul im Fahrettin Pascha Grab begraben.

Im Dezember 2017 löste Abdullah bin Zayed Al Nahyan, Außenminister der Vereinigten Arabischen Emirate, einen diplomatischen Eklat mit der Türkei aus, indem er einen Beitrag in seinem persönlichen Netzwerk veröffentlichte, in dem er Fahrettin Pascha und seine Streitkräfte wegen Diebstahls von Manuskripten aus Medina und anderer Verbrechen gegen die Einheimischen während der Belagerung beschuldigte. Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan veranlasste daraufhin, dass die Straße, in der sich die Botschaft der Vereinigten Arabischen Emirate befand, in Fahrettin Pascha Straße umbenannt worden ist.

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