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Dar-ul-Islam-Konzept
Aussprache:
arabisch: دار الإسلام
persisch:
englisch: Dar al Islam Concept
Bild: Cover eines Buches zu
einem Reisebericht eines westlichen Autors mit dem Titel "Dar-ul-Islam"
von 1904
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.Bücher
zu islamischen Themen finden Sie im Verlag Eslamica. Das Dar-ul-Islam Konzept ist ein von
muslimischen Gewaltherrschern eingeführter Begriff, um
ihren
islamisch nicht zu rechtfertigenden Eroberungsfeldzügen
eine religiöse Legitimation zu verschaffen. Es ist nicht genau
zurück verfolgbar, wann und von wem dieses Konzept in die
islamische Begrifflichkeit eingeführt wurde. Der Begriff geht
in ihrer später verwendeten Bedeutung auf keine Textstelle im
Heiligen Qur'an oder in der
Verfahrensweise [sunna] zurück. Wohl aber wurde in der
frühen Zeit des
Islam das Wohnhaus des
Arqam
ibn Abul-Arqam als "Dar-ul-Islam" bezeichnet.
Das theoretische Konzept
teilt die
Welt ein in eine
Welt des
Islam und den Rest der
Welt mit diversen Zwischen- und Nebeneinstufungen. Letztere
wurden nötig als man erkannte, dass die reine Einteilung in
Welt des
Islam
und restliche Welt zu offensichtlich dem
Heiligen Qur'an widersprach. So beinhaltet das Konzept
folgende Einteilungen:
| Dar al-Islam ("Haus des Islam"; دار الإسلام)
bezeichnet alle Gebiete unter muslimischer Herrschaft. Oft
wird das Dar al-Islam auch als Dar al-Salam ("Haus des
Friedens") bezeichnet, was allerdings unter den
Gewaltherrschern unterschiedlicher Dynastien der
Muslime eher eine Propagandafunktion hatte. |
| Dar al-Harb ("Haus des Krieges"; دار الحرب): Im
Prinzip alle Gebiete außerhalb des Dar al-Islam, sie stehen
angeblich im Prozess der islamischen Eroberung und müssen
von Herrscher angegriffen werden. Nicht selten traf die
Bezeichnung auch muslimisches Gebiet, welches sich dem
jeweiligen Herrscher nicht untergeordnet hatte. teilweise
wurde jeden Bewohner des Dar-ul-Harb sogar jegliches
Lebensrecht abgesprochen.
Da diese Einteilung zwar einerseits die Eroberungen durch
muslimische Truppen rechtfertigen sollte, andererseits
nicht immer realisierbar war, wurden einige Uterteilungen
für die Dar al-Harb eingeführt. |
| Dar al-Sulh ("Haus des Friedens(vertrags)"; دار
الصلح) Gebiete außerhalb des "Hauses des Islams", mit denen
es zwischenstaatliche Verträge gibt. |
| Dar al-Kufr ("Haus des Unglaubens"; دار الكفر) Es
ist nicht ganz klar, in wie weit sich jenes Gebiet vom
Dar-al-Harb unterscheidet. Versuche, zumindest diesen einen
Begriff auf
Prophet Muhammad (s.) zurück führen zu wollen, um das
gesamte Konzept zu rechtfertigen, waren nicht erfolgreich. |
| Dar al-Hudna ("Haus der Ruhe"): Damit sollen jene
Beschrieben werden, die sich sozusagen die "Ruhe" durch
Tributzahlungen erkauften, und es daher keinen Krieg mit
ihnen gab, Tributzahlungen, die es im Islam in diesem Sinn
gar nicht gibt oder geben kann und Erfindungen der
Gewaltherrscher waren, um ihre Kriegskassen aufzufüllen. |
| Dar al-Ahd ("Haus der Verpflichtung"; دار العهد)
war ein durch
Osmanen eingeführter Begriff, um ihre Beziehung mit
jenen
christlichen Gebieten zu beschreiben, die von den
Osmanen geschützt wurden. |
| Dar al-Dawa ("Haus der Einladung"; دار الدعوة)
soll eine Region beschreiben, in der der Islam verbreitet
werden soll. Das Konzept deutet allerdings mehr auf eine
Übertragung der
christlichen Mission in die muslimische
Sprachterminologie hin. Rückwirkend wurde dieser Begriff
auch auf Arabien in der
Zeit der Unwissenheit übertragen. |
| Dar al-Amn ("Haus der Sicherheit"; دار الأمن)
wurde viel später dem Konzept hinzugefügt, um die Situation
von
Muslimen zu beschreiben, in denen sie als Minderheit
dennoch gleichberechtigt zu den anderen Bürgern leben
konnten. In diesem Zusammenhang wurde manchmal auch das
angebliche Dar al-Schahada ("Haus des
Glaubensbekenntnisses"; دار الشهادة) erwähnt, wobei die
Beziehung unklar blieb. |
Teilweise überschneiden sich die zu unterschiedlichen
Zeiten entstandenen Einteilungen und teilweise
widersprechen sie sich. Das gesamte Konzept konnte sich nur in
Teilen
sunnitischer Theologie durchsetzen, war aber eines der am
häufigsten missbrauchten Konzepte durch Orientalisten und
Islamwissenschaftlern der
Westlichen Welt des 20 Jh. und später, um dem
Islam
das angebliche Streben nach Weltherrschaft vorzuwerfen. In
deren Schriften finden sich viel häufiger Bezüge zu diesem
Konzept als in der Literatur von
Muslimen.
So gibt es z.B. in der
Verfassung der Islamischen Republik Iran nicht den
geringsten Bezug zu solch einem falschen Konzept und es wird
diesem sogar widersprochen. In
Artikel 152 heißt es dazu unmissverständlich: "Die
Außenpolitik der Islamischen Republik Iran beruht auf der
Ablehnung jeglicher Form von Hegemonie und Selbstunterwerfung,
sowie auf der Erhaltung allseitiger Unabhängigkeit und
territorialer Integrität, der Verteidigung der Rechte aller
Muslime, der Blockfreiheit gegenüber Hegemonialmächten und auf
gegenseitigen, friedlichen Beziehungen mit allen
friedliebenden Nationen."
Das Konzept des so genannten Dar-ul-Islam wird zudem von
sämtlichen
schiitischen und zahlreichen
sunnitischen
Gelehrten [faqih] abgelehnt. |
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