Nuschirwan
Chosrau I. Nuschirwan

Aussprache: kisra al-awwal
arabisch:
كسرى الأول
persisch: انوشیروان
englisch: Khosrau I. Anushirvan

531 - 579 n.Chr.

Bild: Chosrau besucht Schirin in ihrem Schloss. Buchmalerei aus dem Chamsa - Fünfer aus dem 15. Jh. n.Chr. - Freer Gallery of Art in Washington

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Chosrau I., bekannt als Nuschirwan (der mit unsterblicher Seele) gilt als einer der größten sassanidische König Persiens und wird auch in vielen Legenden, Sagen und Moralgeschichten nachdem sich der Islam im Iran verbreitet hatte erwähnt.

Er folgte seinem Vater Kavadh I. 531 n. Chr. auf dem Thron, obwohl er nicht der älteste, sondern der dritte Sohn war. Er wurde von seinem Vater gegenüber seinen beiden älteren Brüdern Kawus und Zham bevorzugt und auf die Nachfolge vorbereitet. Als Kavadh am 13.9.531 starb, übernahm Chosrau sofort die Macht und wurde gekrönt. Seine übergangenen älteren Brüder fanden sich jedoch nicht damit ab, sondern versuchten ihre Ansprüche durchzusetzen, wobei sie in Adelskreisen Zustimmung fanden. Da Zham als Einäugiger nicht herrschaftsfähig war, wollten seine Anhänger seinen unmündigen Sohn Kavadh auf den Thron setzen. Kurz nach Chosraus Regierungsantritt, offenbar noch im Jahr 531 kam es zu einigen Verschwörungen mit dem Ziel, ihn zu entmachten; sie wurden jedoch niedergeschlagen, und Chosrau ließ seine Brüder hinrichten.

Chosrau war bis zu seinem Ableben 579 n.Chr. persischer Großkönig. Sein Geburtsdatum ist nicht bekannt. Er dürfte aber ein recht hohes Alter erreicht haben, da er als erwachsener Mann auf den Thron gelangte.

Er förderte die Rechtspflege, begünstigte Ackerbau und Handel, ordnete die Steuern, führte große Bauten aus und war bemüht, die Volksbildung zu heben und die Wissenschaften heimisch zu machen. Er nahm zu diesem Zweck mehrere vom oströmischen Kaisers Justinian I. (527–565) verfolgte byzantinische Philosophen auf und zeigte sich den Christen gegenüber tolerant.

Um dem Anwachsen der Macht des oströmischen Reiches vorzubeugen, führte er mit wechselndem Erfolg die Kriege gegen Byzanz fort, die vor seiner Machtübernahme begannen, u.a. in Mesopotamien, Syrien und Armenien. Bei Kampfhandlungen an der persisch-oströmischen Grenze in Mesopotamien konnte sich der byzantinischee General Belisar behaupten. 532 wurde mit Justinian I. der so genannte „Ewige Frieden“ geschlossen, der mit hohen (einmaligen) römischen Zahlungen an den Großkönig verbunden war. 540 brachen jedoch erneut Kämpfe aus. Die Kämpfe mit den Römern begannen in Syrien. Chosrau überschritt mit einem großen Heer die Grenze und eroberte neben anderen Städten auch Antiochia, eine der wichtigsten und größten Städte des oströmischen Reiches, wobei die von Justinian versprochenen Verstärkungen nicht oder nur in unzureichender Zahl eintrafen; Justinians Vetter, der General Germanus, musste sich denn mit seinem kleinen Trupp von nur 300 Mann aus Antiochia zurückziehen. Chosrau soll auch ein rituelles Bad im Mittelmeer genommen haben und dem Sonnengott geopfert haben. Die Kämpfe, an denen Chosrau meist persönlich teilnahm, weiteten sich daneben bald auch auf den Kaukasus aus (Lazika), wo beide Mächte Interessen verfolgten. Letztlich gelang es den Persern nicht, einen Zugang zum Schwarzen Meer zu erzwingen; Justinian konnte die Ostgrenze unter großen Mühen halten. 562 wurde wiederum ein Friede auf 50 Jahre geschlossen (auf römischer Seite ausgehandelt von Petros Patrikios), wonach sich die Römer zu Tributzahlungen verpflichteten, dafür aber Lazika erhielten. Allerdings wurde der Frieden schon 572 von Kaiser Justin II. gebrochen. Zunächst verbuchten die Perser einige Erfolge (so konnte die wichtige Festung Dara erobert werden), doch erlitt Chosrau 575 (oder 576) bei Melitene gegen Justinian, einem Feldherrn Justins II., eine schwere Niederlage; nur mit Mühe gelang Chosrau die Flucht. Als er starb, dauerte der Krieg zwischen Byzanz und dem Sassanidenreich immer noch an.

Um 560 (der genaue Zeitpunkt ist umstritten) gelang es Chosrau an der Nordgrenze, im Bündnis mit den Türken die Hephthaliten endgültig zurückzudrängen - ein Ereignis, das unter anderem 500 Jahre später in Schahname erwähnt wurde; allerdings erschienen mit den Türken dort nun neue, gefährliche Gegner. Auch in Südarabien konnte Chosrau den Einfluss der Sassaniden bis in den heutigen Jemen hinein ausweiten und dabei auch oströmische Interventionsversuche abwehren.

Chosrau war an Philosophie, Wissenschaft und Kunst interessiert. Unter ihm erlebte das Reich eine kulturelle Blüte. Er zog Gelehrte an seinen Hof und stand im Ruf, eine gute philosophische Bildung zu besitzen.

Chosrau starb 578 n.Chr.. Sein Name lebt (als Kisra) bis heute als eine arabische Bezeichnung für einen König fort (vergleichbar dem deutschen Wort Kaiser von Caesar).

Spätere Legenden über ihn fußen zwar oft nicht auf wissenschaftlich haltbare Gegebenheiten, zeugen aber vom Versuch, eine Art Symbiose die persischen Geschichte mit den islamischen Wertvorstellungen zu erreichen.

Eine bekannte Geschichte aus Chamsa - Fünfer schildert, wie Chosrau durch Eulen gelehrt wird. So soll Chosrau nicht immer bedacht haben, dass sein Ruhm als Krieger und Jäger auf Kosten seines Volkes ging. Eines Tages, als er mit seinem Wesir ausritt, kam er in eine Ruinenstadt, wo zwei Eulen auf einer zerbröckelten Palastmauer einander etwas zuschrien. "Welche Geheimnisse erzählen sie sich", fragte Chosrau, der in den Epen Nuschirwan genannt wird. "Verzeih mir, o König, wenn ich ihre Bemerkungen wiederhole", erwiderte der Wesir: "Eine von ihnen gibt der anderen ihre Tochter zur Ehe und fordert eine gebührende Hochzeitsgabe. 'Gib ihr', sagt die Eule, 'diese Ruinenstadt und noch eine oder zwei andere dazu.' — 'Aber gewiss', erwiderte die andere, 'und wenn unser edler Herrscher mit seinen gegenwärtigen Gewohnheiten fortfährt und sein Volk in Elend und Vernachlässigung verkommen lässt, werde ich ihr gerne nicht nur zwei oder drei, sondern hunderttausend Ruinen geben!' " Eine Agha Mirak zuzuschreibende Miniatur gibt genau jene Szenerie wieder.

Eine darauf aufbauende Folgegeschichte behauptet, dass Nuschirwan sich einst krank stellte und seinen Freunden und Vertrauten sagte, die Ärzte hätten ihm zu einer Arznei alte Ziegelsteine aus einem verwüsteten Dorf verordnet. Es wurden Boten nach allen Teilen des Königreiches geschickt, aber sie kamen zurück und sagten: "Wir haben nirgends ein verwüstetes Dorf gefunden." Da freute sich Nuschirwan, dankte Gott und sagte: "Ich wollte nur sehen, ob es in meinen Ländern noch einen in Trümmern liegenden Ort gebe, damit ich ihn aufbauen lasse; da ich nun höre, dass es keinen solchen gibt, so bin ich überzeugt, dass der Wohlstand und die Kultur in meinem Lande den höchsten Grad der Vollkommenheit erreicht hat."

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